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Erinnern und weitertragen - Besuch eines Zeitzeugen

Geschichte wird dann zum Erlebnis, wenn Zahlen, Fakten und Ereignisse mit der eigenen Biographie verknüpft werden können. Gerade die Zeit des Nationalsozialismus und danach ist für viele Schülerinnen und Schüler von hohem Interesse, denn jetzt verknüpfen sich die Erzählungen der Großeltern mit dem Wissen aus dem Geschichtsunterricht. Und leider gibt es hier durch den Holocaust sehr dunkle Kapitel, bei denen meistnur das Lehrbuch Auskunft gibt. 

Anders in der letzten Woche in Landshut und glücklicherweise auch am MMG: Steven Anson, Sohn eines Holocaust-Überlebenden aus Landshut, besuchte mit seiner Frau Pat die Schülerinnen und Schüler der 11. Jahrgangsstufe, um ihnen von seiner Familiengeschichte zu erzählen, die eben genau das Kapitel, das meist nur durch Schulstoff erfahren werden kann,den jungen Menschen sogar geographisch nahezubringen. 

In seinem auf Englisch gehaltenen Vortrag ging der Schotte Steven Anson (gebürtig Ansbacher) auf die Ursprünge der Familie in Landshut ein. Aus Leutershausen stammend, ziehen die Ansbachers 1932 nach Landshut, von wo aus sichtragischerweise alle im Unterricht häufig anonym vermittelten Entwicklungen anbahnen: Er erzählt berührend vom Freitod zweier Familienmitglieder, von der Emigration nach Schottland anderer, vom Unglauben der weiteren jüdischen Familienmitglieder in die bald stattfindenden Greueltaten im Namen Deutschlands.

Er schließt sein intensives Referat mit der Aufmunterung, Eltern und Großeltern immer danach zu fragen, wo sie herkommen, was sie als Kinder gespielt und gegessen haben,wie sie gefeiert haben, wer ihre Freunde waren. Aus den Antworten auf diese Alltagsfragen entsteht Erinnerung. Und für ihn und viele andere Juden seiner Generation in Europa ist das das Einzige, was man von den Vorfahren noch hat.

Hannelore Vogelgsang (Okt. 2023)